Quellen zur Geschichte der Juden in den norddeutschen Bistümern (1273-1347)

Zurück zur Übersicht

273 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 34.

Norddeutschland 1, Nr. 34

[1290], Wismar

In seinem 1611 abgeschlossenen und 1745 gedruckten Genealochronicon Mecklenburgicum berichtet Bernhard Latomus von einer Vertreibung der Juden aus Wismar, die sich während der Abwesenheit Heinrichs I., Herrn von Mecklenburg (Pilgerfahrt und langjährige Gefangenschaft in Ägypten), ereignet haben soll: Es hat aber der alte Herr (1) als Er berichtet worden, wie die von Wismar in seinem abwesen zimlich über die schnur gehawen, indem Sie vor 23. Jahren die Statt zwar mit einer Mauren bevestigt, aber das Schlos daraus geschlossen, die Juden aus der Statt verjagt, und den Hauptman ins Gefengnüs geworffen hatten, ein gros misgefallen daran getragen, und sind diese geschichte hernach vor mitursachen des gefolgten Kriegs angezogen worden.

(1) Heinrich I. von Mecklenburg (1264-1302) kehrte, nachdem er auf einer Pilgerfahrt ins Heilige Land 1271 nach Kairo verschleppt worden war, im Jahre 1298 aus der Gefangenschaft zurück und versöhnte sich 1300 mit den Bürgern der Stadt. Die Errichtung der Mauer müsste der Chronik zufolge 1278 vonstatten gegangen sein, nämlich 23 Jahre vor dem Berichtsjahr 1301. Ob die angebliche Ausweisung der Juden zeitlich unmittelbar mit dem Mauerbau zusammenhängt, ist nicht klar. Im Rahmen der Versöhnungsurkunde von 1300 März 28 wird auf die Vertreibung der Juden Bezug genommen, die allerdings nicht datiert ist (NO01, Nr. 49). In der Forschung wird eine Vertreibung um 1290 angenommen.

Überlieferung:

Gedruckte Publikation, dt.

Kommentar:

Bernhard Latomus (Steinmetz) wurde um 1560 als Sohn eines Pfarrers in Wismar geboren. Nach seinem Studienabschluss in Rostock 1594 war er an verschiedenen Orten als Lehrer tätig. Das Genealochronicon Mecklenburgicum, eine urkundliche Geschichte Mecklenburgs entstand in den Jahren 1604-1611, während Latomus' Zeit als Lehrer in Neubrandenburg. Das Werk wurde erst 1745 durch Ernst Joachim von Westphalen in den Monumenta inedita rerum Germanicarum praecipue Cimbricarum et Megapolensium unter dem Titel Genealochronicon Megapolitanum veröffentlicht; vgl. Krause, Latomus (1884).

(Johannes Deißler und Jörg R. Müller) / Letzte Bearbeitung: 28.05.2021

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2020, NO01, Nr. 34, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/NO01/NO-c1-007w.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht