Judenbetreffe in Synodal- und Konzilsstatuten (1273–1347)

Zurück zur Übersicht

17 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 4.

Synoden und Konzilien 1, Nr. 3a

1285 Januar [erste Hälfte], Liegnitz, Liegnitz

Die Statuten des unter dem Vorsitz des Gnesener Erzbischofs Jakob II. Świnka (1283–1314) im Jahr 1285 tagenden Provinzialkonzils enthalten zwei Judenbetreffe: Zunächst wird beschlossen, dass Juden, bei denen Diebesgut gefunden wird, gezwungen werden sollen, dieses ohne Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben, da sie nicht in besserem [rechtlichen] Stand sein sollen als Christen, die [nämlich] gezwungen werden, Diebesgut, obwohl käuflich erworben, dem rechtmäßigen Besitzer ohne Zahlung des Preises zurückzuerstatten. (Caput 32. Item cum (1) Judaei melioris conditionis esse non debeant Christianis, et Christiani res furtivas, quamvis emptas, vero domino, absque solutione pretii, cogantur ad restitutionem earum (2), statuimus: ut Judaei, apud quos res furtivae inventae fuerint, absque solutione pretii, cogantur ad restitutionem ipsarum rerum.) Wenn die Juden aber an dem Missbrauch, bei ihnen aufgefundene [gestohlene] Gegenstände nur gegen Bezahlung zurückzuerstatten, festhalten oder ihn verteidigen, sollen sie durch kirchliche Strafen zurechtgewiesen werden (Si qui vero in abusione (3), ut res apud eos repertas, nisi data pecunia restituant, aut manutenuerint, aut etiam defensaverint, per censuram ecclesiasticam compescantur.) Ferner wird festgelegt, dass niemand es wagen soll, bei Juden Sakralgegenstände oder [liturgische] Bücher zu hinterlegen oder wie auch immer zu verpfänden, außer in schwerer Notlage mit Erlaubnis der Prälaten. (Caput 33. Item statuimus: ut nullus apud Judaeos res sacras vel libros deponere praesumat, vel quomodolibet obligare, nisi in gravi necessitate de licentia praelatorum.)

(1) In der Edition steht quum.

(2) In der Edition steht ipsarum.

(3) In der Edition steht in hac abusione fuerint.

(4) Die Datumzeile fehlt in der Edition.

Überlieferung:

Wrocław, UniBib, I F 658, fol. 137r/v, hier: fol. 137r, Abschr. (2. Hälfte 14. Jh.), lat., Perg.; zur weiteren handschriftlichen Überlieferung vgl. Antiquissimae Constitutiones Synodales Provinciae Gneznensis; S. II-VI.

  • Antiquissimae Constitutiones Synodales Provinciae Gneznensis, S. 165-180, hier: S. 177 f.
  • Grayzel, Church 2 (1989), Nr. 38, S. 280;
  • Antiquissimae Constitutiones Synodales Provinciae Gneznensis, S. I–VIII.

Kommentar:

Die Kirchenprovinz Gnesen umfasste neben polnischen Gebieten auch das im Osten des Reiches gelegene Bistum Lebus (bis 1420) sowie das Bistum Breslau, welches räumlich im Wesentlichen identisch mit Schlesien war, das von 1327 an sukzessive an die böhmische Krone fiel. Das hier als zweiter Punkt angesprochene Verpfändungsverbot für Sakralgegenstände findet sich ebenfalls in den Statuten des Trierer Provinzialkonzils von [1278] (SK01, Nr. 2), der Würzburger Diözesansynode von 1298 (SK01, Nr. 6), der Mainzer Diözesansynode von 1302 (SK01, Nr. 7) sowie der Straßburger Diözesansynoden von 1310, 1341 und 1345 (SK01, Nr. 8, 13 und 14). Zur rechtlichen Situation im räumlichen Umfeld, gegenüber der dieses Statut sogar eine "Liberalisierung" darstellt, vgl. ZaremskaJuden im mittelalterlichen Polen (2013), S. 119. Die zunächst aufgeführten Bestimmungen hinsichtlich der Rückgabe von Diebesgut fanden jedoch ansonsten keinen Eingang in Konzils- und Synodalstatuten des Untersuchungszeitraumes; zu weltlich-rechtlichen Bestimmungen hinsichtlich des Marktschutzrechtes vgl. zuletzt Müller, Gestolen (2010). Die Datierung des Schriftstücks zu 1285 geht auf zwei mittlerweile verlorene Handschriften (Codex Petropolitanus und Codex Stronczynski) des 14. Jahrhunderts zurück, die dem Herausgeber der Gnesener Synoden noch vorlagen. Die Eingrenzung auf die erste Hälfte des Monats Januar ergibt sich aus einem Schreiben Erzbischof Jakobs von Gnesen vom 15. Januar 1285 mit Bezug auf die kurz zuvor zu Liegnitz abgehaltene Versammlung (Urkunden zur Geschichte des Bistums Breslau, Nr. 129, S. 136 f.).

(rri.) / Letzte Bearbeitung: 06.08.2015

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2011, SK01, Nr. 3a, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/SK01/SK-c1-0001.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht