Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

Zurück zur Übersicht

281 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 29.

Thüringen/Sachsen 1, Nr. 29

1283 November 5

Die Ratsmeister der Stadt Erfurt (rectores consilii Erfordensis), nämlich, Ludwig von Biltersleben, Walter Kerlinger, Hermann von Alach, Konrad von Lacu erklären, dass die in Erfurt lebenden Juden (universitas judeorum Erfordie habitantium) von Meister Heinrich von Liebstedt, dem Provisor des St. Martins-Hospitals in Erfurt, für 5 Pfund ein Grundstück gekauft hat, das vorher mit einer Stube bebaut war (aream, in qua ante stupa fuerat superstructa), gelegen an der Gera, hinter der Bäckerei der Brüder Dietrich und Heinrich von Gottern. Dies geschieht mit Zustimmung Eckehards, Dekans von St. Marien in Erfurt sowie Tutors und Rektors des Martins-Hospitals. Die Erfurter Juden (judei Erfordenses) verpflichten sich, dem Hospital und seinem Tutor den jährlichen Zins von zwei Pfund Erfurter Währung zu St. Martin und St. Walpurgis zu zahlen. Magister Heinrich von Liebstedt übergibt dieses Grundstück, genannt Stupa, jenen Juden (aream dicte stupe concessit eisdem Iudeis) mit allen üblichen Rechten und Freiheiten mit allen üblichen Rechten und Freiheiten und verspricht den Juden, das Grundstück frei von allen Ansprüchen zu gewährleisten. Seine Zustimmung gibt auch Konrad von Roda, Pleban von St. Benedikt, damit kein Betrug verursacht wird. Wird das auf dem Grundstück errichtete Haus durch Feuer oder aus anderen Gründen zerstört, zahlen dieselben Juden die genannten Zinsen weiter. Zur Bestätigung geben die Ratsherren und Bürger der Stadt Erfurt der Gesamtheit der Erfurter Juden den vorliegenden Brief, den sie mit ihrem Siegel versehen (dedimus nos consules et cives Erfordenses judeis universis Erfordie commorantibus presentem litteram conscriptam sigillo civitatis Erfordie).

Acta sunt hec anno domini millesimo duocentesimo octogesimo IIIᵒ, nonas novembris.

Rückvermerk:

contractis super area judeorum, ubi stupa et pistrinum situar[i] (13./14. Jh.)

Überlieferung:

Erfurt, StadtA, Export Städtische Urkunden, Nr. 0-1/13-27, Orig., lat.

  • Matut, Reinheit (2015), S. 49 (Auszug);
  • UB Erfurt 1, Nr. 346, S. 225 f.
  • Kroner, Festschrift (1884), S. 44.
  • Matut, Reinheit (2015), S. 49-51;
  • Nitz, Wohnquartier (2010), S. 326 und 328, Abb. 1;
  • Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 341;
  • Ruf-Haag, Juden (2009), S. 67 f.

Kommentar:

Der Verkauf fällt in die Zeit des nach dem Aufstand Volrats von Gotha agierenden Rats, was die ungewöhnliche Bezeichnung der Ratsmeister zu Beginn der Urkunde erklärt, vgl. Wolf, Erfurt (2005), S. 220. Die Zustimmung des Plebans von St. Benedikt erfolgte aufgrund der Lage des Grundstücks in seinem Pfarrbezirk. Das später auf dem Grundstück errichtete Gebäude wird noch bis in die Neuzeit als „Der Judenhof“ bezeichnet. Möglicherweise handelte es sich um das Gemeindehaus der Erfurter Juden, vgl. Nitz, Wohnquartier (2010), S. 326 und 328, Abb. 1.; Ruf-Haag, Juden (2009), S. 68. Ob es sich bei der zum Zeitpunkt des Kaufs wohl nicht mehr vorhandenen stupa um eine Badestube handelt, wie Matut, Reinheit (2015), S. 50, vermutet, oder lediglich um einen beheizbaren Raum, bleibt offen.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 12.02.2016

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 29, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/CP1-c1-00ih.html (Datum des Zugriffs)

Lizenzhinweis

Die Datensätze stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) Lizenz und können unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen frei nachgenutzt werden. Sofern nicht anders angegeben, sind die verwendeten Bilder urheberrechtlich geschützt.

Zurück zur Übersicht