Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen

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281 Quellen in diesem Teilcorpus. Sie sehen die Quelle 53.

Thüringen/Sachsen 1, Nr. 53

1293 September 28, Triptis

Dietrich, Markgraf der Lausitz, tut kund, dass er mit seinem Vater, Landgraf Albrecht von Thüringen, Pfalzgraf zu Sachsen, sich geeinigt hat wegen aller Streitpunkte über den Verkauf, den sie miteinander vereinbart haben.

[1] Dietrich zahlt seinem Vater 1.008 Mark Freiberger Silber für seine Gelder und seine silbernen Pfänder, die den Juden in Erfurt versetzt sind (Wir suln unseme vater geben achte marc unde tusint marc Vriberges silbers vor sine guldin und silberen phant, di vor uns zu Erforte in den judin stein). Dies soll er zum nächsten Lichtmessfest (unser vrowen tag lichmesse der nu kumit) (1) zahlen. (2) Dafür setzt er seinem Vater Burg und Stadt Creuzburg mit Zubehör. Gibt er das Silber nicht zum genannten Tag, so soll sein Vater das Geld auf Schaden ausleihen. Gibt er das Silber gar nicht, so soll Creuzburg seinem Vater gehören. Weiter gibt er seinem Vater 1.000 Mark Freiberger Silber zum nächsten Pfingstfest (3) für Frankenstein und setzt dafür Burg und Stadt Gera mit Zubehör als Pfand. Zahlt er nicht mindestens 500 Mark bis Pfingsten, so sollen Herr Dietrich von Wundersleben (Winrsleiben), Herr Heinrich von Mosen und Herr Heinrich von Schlöben, die die Veste inne haben, sie seinem Vater Albrecht überantworten. Zahlt er die 500 Mark, so soll Albrecht die Veste bis zum Jakobstag (uffe sente Jacof tag) (4) als Pfand erhalten. Zahlt Dietrich die anderen 500 Mark zum 25. Juli nicht, so soll Gera seinem Vater gehören. Beide Vesten, Creuzburg und Gera, sollen beim Tod des Vaters wieder an Dietrich fallen.

[2] Dietrich will seinem Vater Sangerhausen zum übernächsten Martinstag (sente Mertins tage) (5) auslösen oder dafür 2.000 Mark Freiberger Silber geben, für die sein Vater nach Dietrichs Rat Güter kaufen soll. Eckartsberga und die Neuenburg will Dietrich für 11.000 Mark und den darauf gehenden Schaden auslösen. Die Pfänder will er seinem Vater bis zum Martinstag in drei Jahren (von sente Mertinstage, der nu kumet uber driu iar) (6) lösen. Andernfalls erhält Albrecht von Dietrich die Burg und Stadt Torgau, Burg und Stadt Döben, Burg Saathain (Sathim) und Dietrichs Stadt Luckau als Pfand.

[3] Landgraf Albrecht wird Dietrich an seinem Fürstentum nicht enterben und soll ohne Dietrichs Willen keine seiner Vesten und kein Gut veräußern oder versetzen. Albrecht soll auch Friedrich, den Bruder Dietrichs, ermahnen, dass dieser Dietrichs und Albrechts Kaufgeschäft ungehindert lasse. Falls nötig, soll Albrecht dies mit Leib und Gut von Friedrich fordern mit Dietrichs Unterstützung. Sollte sich ein Herr oder Dienstmann aus dem Herrschaftsgebiet des Vaters gegen Dietrich wenden, wenn Dietrich einen Landfrieden mit seinem Vater geschworen hat, so hilft Albrecht Dietrich und Dietrich darf sich aus Albrechts Vesten wehren. Bricht Dietrich den Landfrieden, so soll dieser gegen ihn durchgesetzt werden. Sollte Albrecht eher sterben als Dietrich, so sollen sein Fürstentum und sein Besitz an Dietrich fallen und nicht an dessen Bruder Friedrich. Ausgenommen sind das Leibgedinge von Albrechts Frau und die Güter, die Dietrichs anderer Bruder, Albrecht, erhalten hat. Gewinnt der Vater Albrecht mit seiner Frau noch einen Erben, soll diese Vereinbarung ungültig sein.

[4] Dietrich will alle bekannten Schulden seines Vaters nach dessen Tod zahlen, namentlich die 1.000 Mark Freiberger Silber, die Dietrichs Schwester von Frankenstein zustehen.

[5] Albrecht soll sich nicht mit Rat oder Rede gegen Dietrich und dessen Räte wenden und soll keinen von Dietrichs Leuten gegen Dietrichs Willen einnehmen. Er soll Dietrich gegen alle unterstützen, die Dietrich schaden oder enterben wollen. (7) Albrecht soll mit Dietrich zu seinem Landding und seinem Landfrieden ziehen oder, falls er nicht kommt, Dietrichs Entscheidungen zu Nutzen des Landfriedens unterstützen. Einen Richter über den Landfrieden darf Albrecht nur mit Dietrichs Zustimmung setzen. Ansonsten üben sie beide oder übt einer von ihnen die richterliche Gewalt aus.

[6] Sollte Dietrich ohne Erben sterben, so fallen sein Besitz und seine Leute an seinen Vater, ausgenommen des Leibgedinges seiner Ehefrau. Vor Erhalt soll Albrecht Ditrichs bekannte Schulden bezahlen.

[7] Schaden, der aus Albrechts Pfändern in Erfurt entstanden ist und noch bis Lichtmess entsteht, wird Dietrich nach Rat der drei dazu Gekorenen (8) begleichen.

[8] Auf Albrechts Wunsch sollen die heimlichen Räte Dietrichs und Albrechts zugleich die heimlichen Räte des jeweils anderen sein.

[9] Zur Überwachung der Vereinbarungen hat Albrecht Helman vom Hain gewählt und Dietrich seinen Oberschreiber Konrad von Amera. Als Obmann (ubermanne) haben beide Friedrich von Rabenswald gewählt. Diesen dreien sollen die Burg zu Torgau, Stadt und Burg Düben, Burg Saathain sowie Luckau überantwortet werden. Die Vesten wollen Dietrich und Albrecht mit genügend Geld versehen, damit die drei Männer sie halten können. Bei einem Vertragsbruch sollen die zwei Schiedsmänner dafür sorgen, dass der Schuldige binnen eines Monats dies wieder gut macht. Bleibt dies aus, so sollen die beiden eine Einigung finden und bei Uneinigkeit den Grafen Friedrich von Rabenswald dazu laden. Spätestens nach 14 Tagen gilt allein dessen Entscheidung. Stirbt einer der drei, so soll binnen eines Monats ein anderer gesetzt werden. Stirbt Graf Friedrich von Rabenswald, so sollen die anderen beiden Schiedsmänner einen neuen Obmann kiesen.

[10] Albrecht soll Dietrich die Burg Droitzen wieder frei machen oder so verfahren wie die drei Schiedsmänner ihm entfehlen.

Nach der Datierung und der Ankündigung der Siegel des Ausstellers werden als Zeugen die drei Schiedsmänner benannt (sint gezuge dise vor genanten dri) sowie Otto, Burggraf von Kirchberg, Albrecht von Brandenberg, Mathias, Oberschreiber Landgraf Albrechts, und andere.

Dise brif iz gegeben zu Triptoys un geinsigelt zu einer stetekeit mit unseme insigel nach gotis gebort tusint iar zwe hundert iar in deme dri un nuenzigistem jare an sente Michels abende.

(1) 1294 Februar 2.

(2) Weitere Vereinbarungen zu diesen Pfändern folgen an späterer Stelle; vgl. Abschnitt 7.

(3) 1294 Juni 12.

(4) 1294 Juli 25.

(5) 1294 November 11.

(6) 1296 November 11.

(3) Dieser Satz fehlt in der älteren Edition; vgl. Überreste des deutschen Reichs-Archivs, Nr. 18, S. 42.

(4) Die Namen werden im Folgenden genannt.

Überlieferung:

Aufbewahrungsort unbekannt, dt.

  • CAOU 3, Nr. 1816, S. 131-133;
  • Überreste des deutschen Reichs-Archivs, 1855 Nr. 18, S. 41-44.
  • Stürzebecher, Schatzfund (2010), S. 151;
  • Lämmerhirt, Erfurt (2010), S. 345;
  • Ruf-Haag, Juden (2009), S. 62;
  • Rogge, Herrschaftsweitergabe (2002), S. 34 f.;
  • Patze/Schlesinger, Geschichte Thüringens 2, 1 (1974), S. 59;
  • Kopp, Geschichte 3 (1862), S. 81-84.

Kommentar:

Die gesamte Kaufsumme, die Dietrich seinem Vater Albrecht für die Landgrafschaft Thüringen geben musste, umfasste 15.000 Mark. Der ältere Sohn Friedrich wurde durch den Vertrag enterbt. Schon im April 1294 brach der Vater Albrecht den Vertrag und verkaufte die Landgrafschaft Thüringen noch einmal an König Adolf. Albrecht selbst behielt sich die Herrschaft über Thüringen auf Lebenszeit vor, während seine enterbten Söhne Dietrich und Friedrich die Ausführungen des Verkaufs zu verhindern suchten. Nach längeren Auseinandersetzungen konnten sich die Brüder Friedrich und Dietrich 1307 untereinander einigen und sich kurz darauf militärisch durchsetzen, bevor Dietrich Ende 1307 starb. Spätestens der Verzicht König Heinrichs VII. auf weitere Ansprüche führte 1310 zur Belehnung Friedrichs mit der Landgrafschaft Thüringen und der Markgrafschaft Meißen; vgl. Rogge, Herrschaftsweitergabe (2002), S. 34-36 und 44-47.

Unter dem in der Edition angegebenen Aufbewahrungsort der Archivalie (Pisa, Archivio capitolare, Nr. 1266) konnte diese nicht ausfindig gemacht werden.

(mlä.) / Letzte Bearbeitung: 11.09.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015, TW01, Nr. 53, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/TW01/TW-c1-001o.html (Datum des Zugriffs)

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