Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273–1347) (von Bernhard Kreutz)

Download als .pdf

I. Der Untersuchungsraum

Das Bistum Würzburg entstand während des 8. Jahrhunderts im Zuge der angelsächsischen Missionierung des mainfränkischen Raums. 1) Nach der Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1007 bewahrte die Diözese Würzburg bis zum Ende des Alten Reiches im Wesentlichen ihre territoriale Ausdehnung. Das Bistumsgebiet erstreckte sich links und rechts des mittleren Mains von (ausschließlich) Bamberg bis Wertheim und vom Neckar und der Hohenloher Ebene im Süden bis zur Rhön und zum Thüringer Wald im Norden. Wie der fränkische Raum insgesamt war auch das Würzburger Bistum im Spätmittelalter unter herrschaftlichem Aspekt stark zersplittert. Das größte, wenn auch nicht zusammenhängende Territorium bildete das Hochstift Würzburg.2) Als weitere geistliche Herrschaft reichte die Abtei Fulda von Norden bis an die fränkische Saale. Unter den weltlichen Dynasten seien besonders die Grafen von Castell, Henneberg, Hohenlohe, Oettingen, Wertheim und Rieneck erwähnt.3)

Die Kathedralstadt Würzburg war das bedeutendste urbane Zentrum des Bistums. Der Urbanisierungsgrad war im Süden des Bistums zwischen Neckar und Aisch höher als im dünner besiedelten Norden an der fränkischen Saale und im Grabfeld.4) Neben Würzburg treten die Reichsstädte Heilbronn, Schwäbisch-Hall, Rothenburg ob der Tauber und Windsheim im Süden des Bistums hervor. Im Norden ist außer der Reichsstadt Schweinfurt die Abteistadt Fulda zu nennen. Schweinfurt, Rothenburg und Windsheim bildeten im Spätmittelalter eigene städtische Territorien.5)

II. Die jüdische Besiedlung

In der Stadt Würzburg lässt sich eine jüdische Präsenz erstmals zu Beginn des 12. Jahrhunderts vermuten und anlässlich des Zweiten Kreuzzuges im Jahr 1147 sicher nachweisen.6) Eine jüdische Besiedlung außerhalb der Kathedralstadt findet sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in den Reichsstädten Schweinfurt, Rothenburg und Schwäbisch-Hall, außerdem in Tauberbischofsheim, Lauda, Kitzingen, Fulda und Meiningen.7) In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erlebte die jüdische Besiedlung Frankens einen starken Aufschwung. So lassen sich im Bistum Würzburg bis 1300 65 jüdische Siedlungsorte belegen.8) Von diesen Orten sind allein 52 ausschließlich in hebräischen Märtyrerlisten dokumentiert, insbesondere im Nürnberger Martyrologium zur Rintfleischverfolgung des Jahres 1298.9) Trotz des hohen Blutzolls dieser Pogrome scheint sich die jüdische Bevölkerung des Bistums in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts wieder erholt zu haben. In über der Hälfte der von der Rintfleisch-Verfolgung betroffenen Orte lassen sich danach wieder Juden nachweisen. In 28 weiteren Orten entstanden neue Niederlassungen, so dass die Gesamtzahl der jüdischen Siedlungsplätze im Bistum Würzburg bis zu den Pestpogromen von 1349 auf 69 anstieg.10) Entsprechend dem höheren Urbanisierungsgrad in der Südhälfte der Diözese war hier die jüdische Besiedlung dichter als nördlich des Mains. Die bedeutendsten Zentren jüdischen Lebens bis 1349 waren Würzburg und Rothenburg ob der Tauber, wo sich mit Synagoge, Judenrat, Friedhof und Mikwe zentrale kultische und soziale Einrichtungen befanden. Die Quellen zur jüdischen Geschichte Rothenburgs werden in vier gesonderten Teilcorpora erfasst.

Synagogen bestanden außerdem, soweit bekannt, in Meiningen, Münnerstadt, Ochsenfurt, Öhringen, Iphofen, Schwäbisch-Hall und Wertheim.11) Von den „Armleder“-Verfolgungen der Jahre 1336 und 1337 waren, ausgehend von Röttingen, hauptsächlich Siedlungsorte im südlichen Bistum betroffen (Buchen, Lauda, Mergentheim, Widdern, Ochsenfurt, Aub, Uffenheim, Weikersheim, Brettheim, Iphofen und Kitzingen, unsicher Krautheim und Laudenbach), nördlich des Mains traf es Hohenburg, Hammelburg und Steinach.12) Zwischen Armleder- und Pest-Verfolgung stellte Kaiser Ludwig der Bayer vereinzelt Privilegien zur (Wieder-) Ansiedlung von Juden aus, so für die Herren von Adelsheim am 7. August 133813), für den Deutschen Orden in Mergentheim am 24. Oktober 134114) und für die Herren von Bödigheim am 18. Februar 1345.15)

III. Überlieferung und Editionsstand

Aufgrund der herrschaftlichen Zersplitterung Frankens während des Mittelalters und der frühen Neuzeit wurden die Quellen zur jüdischen Geschichte aus geistlicher, königlicher, adeliger und städtischer Provenienz auf zahlreiche Archive innerhalb und außerhalb des ehemaligen Bistums Würzburg verstreut. Die Quellen des Teilcorpus stammen daher aus insgesamt 17 verschiedenen Archiven und Bibliotheken. Der überwiegende Teil der geistlichen Überlieferung befindet sich heute im Staatsarchiv Würzburg. Hervorgegangen aus dem Archiv der Würzburger Bischöfe beziehungsweise ihres Hochstifts, das mit der Säkularisation 1802/03 an den bayerischen Staat fiel, beherbergt es außerdem das Schriftgut des Domkapitels und von Klöstern und Stiften in und außerhalb der Stadt Würzburg. Im Zuge der Angliederung des Mainzer Oberstifts mit der erzbischöflichen Residenzstadt Aschaffenburg an das Königreich Bayern gelangten im Jahr 1814 auch große Bestände erzbischöflich-mainzischer Provenienz ins Staatsarchiv Würzburg, ebenso wie das Archivgut der mediatisierten Reichsstadt Schweinfurt und der säkularisierten Abteiherrschaft Fulda. Durch die Auslagerung zahlreicher Archivalien in Ausweichlager zu Ende des Zweiten Weltkrieges konnten die Archivverluste während des verheerenden Luftangriffes auf Würzburg vom 16. März 1945 zwar verringert werden; jedoch verursachte die Rückführung der Bestände und deren teilweise Neuverzeichnung hinsichtlich der in der älteren Literatur angegebenen Archivsignaturen Konkordanzprobleme. Gleiches gilt für die Überführung der Urkunden aus der Zeit vor 1401 an das damalige Allgemeine Reichsarchiv in München während des 19. Jahrhunderts, die erst 1993 rückgängig gemacht wurde. Die Neuverzeichnung ist auch hier noch nicht vollständig abgeschlossen, so dass teilweise alte und neue Signaturen parallel erscheinen. Umso mehr sei deshalb den Mitarbeitern des Würzburger Staatsarchivs, insbesondere Frau Dr. Heeg-Engelhart, für ihre Hilfe bei den Recherchen gedankt. Neben den Originalen kommt für die Würzburger Quellen der Kopialüberlieferung große Bedeutung zu, die im Staatsarchiv vor allem in den Standbüchern, den Lehenbüchern und den Libri diversarum formarum sowie den Mainzer Ingrossaturbüchern und den Mainzer Büchern verschiedenen Inhalts vorliegt. Die Bestände der Abtei Fulda, der zweitgrößten geistlichen Herrschaft im alten Bistum Würzburg, befinden sich heute überwiegend im hessischen Hauptstaatsarchiv Marburg und sind zum großen Teil bereits über die Archivplattform Arcinsys online zugänglich. Für die Quellen adeliger Provenienz sind besonders das Hohenlohische Zentralarchiv in Neuenstein und der Bestand des Gemeinschaftlichen Hennebergischen Archivs im Staatsarchiv Meiningen einschlägig. Die städtischen Quellen sind überwiegend in den entsprechenden kommunalen Archiven zugänglich; außer dem Stadtarchiv Würzburg zum Beispiel noch in Lauda-Königshofen, Mosbach, Rothenburg und Wertheim. Die Überlieferung der im heutigen Baden-Württemberg liegenden Städte – wie Heilbronn, Schwäbisch-Hall und Mergentheim – ist zum großen Teil im Hauptstaatsarchiv Stuttgart gelagert.

Zu den spätmittelalterlichen Quellen Würzburger Provenienz liegen zahlreiche Editionen vor. Eine umfangreiche Sammlung von Urkunden des Bistums und Hochstifts vom 8. bis ins 14. Jahrhundert wurde zwischen 1864 und 1905 in zehn Bänden innerhalb der „Monumenta Boica“ unter dem Titel „Monumenta episcopatus wirziburgensis“ publiziert.16) Ab dem Jahr 1952 erschien dann im Rahmen der „Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg“ die Reihe der „Regesta Herbipolensia“ mit Regestenwerken zur Stadt Würzburg17), zur kirchlichen Verwaltung des Bistums18) und zu den Städten des Hochstifts19) sowie zur Zisterzienserabtei Himmelspforten20). 1958 kamen die „Würzburger Urkundenregesten vor dem Jahre 1400“21) hinzu. Urkundenbücher liegen auch zu den Augustinerklöstern in Würzburg und Münnerstadt22), der Benediktinerabtei St. Stephan23) und zum Würzburger Bürgerspital vor. Daneben erschienen Einzeleditionen zu gesonderten Quellengattungen des Spätmittelalters, wie den Würzburger Synodalstatuten von 129824), den Würzburger Formularbüchern25), den Jahresrechnungen des Würzburger Dompfortenamts von 1309–132126) oder dem ältesten Lehenbuch des Hochstifts Würzburg.27) Relevant für die Geschichte der Juden sind außerdem die Editionen weltlicher Quellen wie die sogenannten Würzburger Polizeisätze28) und die 2002 erschienene Online-Edition der Würzburger Landgerichtsbücher für die Zeit von 1317 bis 134029). Bereits im 18. Jahrhundert wurden Quellen der Abtei Fulda in der dreiteiligen „Historia Fuldensis“ gedruckt30), im Jahr 1850 folgte der „Codex diplomaticus Fuldensis“31). Zu den Zisterzienserklöstern Bildhausen32), Heilsbronn33) und Ebrach34) liegen ebenfalls Regesten- beziehungsweise Urkundenbücher vor. Für die weltlichen Herrschaften im Bistum Würzburg sind vor allem die Urkundenbücher zu den Grafschaften Henneberg35), Hohenlohe36) und Württemberg37) sowie zu den Hohenzollern38) einschlägig. An speziellen Editionen zur jüdischen Geschichte des Bistums ist die Regestensammlung zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg39) zu nennen, in der die Fuldaer Überlieferung enthalten ist. Einen besonderen Glücksfall stellen die 1987 wiederentdeckten Grabsteine des Würzburger Judenfriedhofs aus der Zeit von 1147 bis 1346 dar, deren Inschriften seit 2011 ediert vorliegen.40) Das Teilcorpus enthält für die Zeit von 1273 bis 1347 insgesamt 101 Inschriften von Grabsteinen oder Grabsteinfragmenten. Eine systematische Sammlung und Edition der Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg ist für das Spätmittelalter jedoch noch nicht unternommen worden. Die hier vorgelegte Quellenpräsentation enthält insgesamt 24 Volltexteditionen bisher noch nicht oder fehlerhaft gedruckter Archivalien zur jüdischen Geschichte. Die vergleichsweise große Zahl von 45 historiographischen Quellen innerhalb des Teilcorpus ist vor allem auf die reiche chronikalische Überlieferung zu den „Rintfleisch“- und „Armlederpogromen“ zurückzuführen, die beide ihren Ausgang im fränkischen Städtchen Röttingen nahmen.41)

IV. Geschichte der Juden im Spiegel der Würzburger Quellen

Das für die Kathedralstädte des Mittelalters typische Dreiecksverhältnis zwischen Bischof, Stadtgemeinde und Juden schlägt sich auch im Fall Würzburgs in einer Vielzahl urkundlicher Quellen verschiedener Provenienz nieder. Ein wichtiger Streitpunkt im Machtkampf zwischen Bischof und christlicher Gemeinde um die Stadtherrschaft war nicht zuletzt der Zugriff auf die Würzburger Juden und auf deren Besteuerung. So betreffen für den Untersuchungszeitraum von 1273 bis 1347 allein elf Urkunden die Rechts- und Steuerverhältnisse der Würzburger Judengemeinde.42) In die Angelegenheiten ihrer jüdischen „Kammerknechte“ schalteten sich regelmäßig auch die Könige und Kaiser ein. Von Rudolf I., Adolf von Nassau, Albrecht I., Heinrich VII., Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen sind insgesamt einunddreißig Königs- und Kaiserurkunden erhalten, die sich auf Juden im Bistum Würzburg beziehen. Dazu zählen Ansiedlungsprivilegien, Verpfändungen, die Vergabe von Judenrechten aber auch Schutzgarantien für die Juden. In zwei Fällen sagten die Könige allerdings den Verfolgern der Juden Schutz vor juristischen oder finanziellen Konsequenzen zu, so Friedrich der Schöne am 8. Juli 1322 zugunsten der Stadt Heilbronn43) und Ludwig der Bayer am 28. Oktober 1336 nach der Armleder-Verfolgung in der Stadt Mergentheim44).

Einen breiten Raum in der Würzburger Überlieferung nehmen Kredit- und Pfandgeschäfte zwischen jüdischen Finanziers und ihren christlichen Kunden aus Adels- und Kirchenkreisen ein. In 15 Urkunden wird von teils erheblichen Zahlungsverpflichtungen weltlicher Herren berichtet, darunter die Herren von Salza und Randersacker, die Grafen von Hohenlohe, die Burggrafen von Nürnberg und im Jahr 1308 sogar die Königin Elisabeth, die Witwe König Albrechts. Stärker ins Gewicht fallen aber die Judenschulden der geistlichen Institutionen im Bistum Würzburg mit insgesamt 28 Urkunden. Als Schuldner erscheinen neben dem Bischof und dem Domkapitel die Abteien St. Stephan und das Stift Haug in Würzburg, die Abtei Fulda sowie die Klöster in Münsterschwarzach, Mödingen, Gnadental, Himmelspforten und Kitzingen. Wie virulent die Judenschulden und die damit verbundenen Probleme für geistliche Schuldner waren, zeigt eine Regelung der Würzburger Synode von 1298. Danach durften Sakralgeräte und Messgewänder nur im Notfall und im Einvernehmen mit den Pfarrangehörigen an Juden verpfändet werden, wobei darauf zu achten war, dass die Juden die Pfänder nicht berührten.45) Die jüdischen-christlichen Rechtsbeziehungen stehen in elf weiteren Texten im Vordergrund. Darunter befinden sich die Statuten des Johannesstifts Haug vor den Toren der Stadt Würzburg vom Mai 1342.46) Darin wird festgelegt, dass kein Laie oder Jude einen Stiftskanoniker mit Zeugen belangen kann, sondern nur mit schriftlichen Beweisen. Fehlen diese, so muss der Kläger – also auch der Jude – einen Eid schwören. Schon 1288 hatten Rat und Gemeinde der Stadt Würzburg den Judeneid mit der Hand auf der Tora (juramento manuali prestito in libro suo secundum conswetudinem legis sue) als rechtsgültig anerkannt.47) Am 14. März 1326 erhielt die Würzburger Judengemeinde das Recht, nicht vor das Zehntgericht geladen werden zu dürfen.48) Klagen gegen die Juden sollten fortan vor dem Würzburger Landgericht oder vor der Synagoge vorgebracht werden. Zeugenbeweise sollten christliche Kläger regelmäßig mit einem Christen vor dem Landrichter und mit einem Juden vor der Synagoge vorbringen (vgl. schon die Formulierung vom 22. Mai 1318: mit dem cristen for dem lantrichter vnd mit dem juden for der juden schule).49) Vom Würzburger Landgericht, dessen Zuständigkeitsbereich weitgehend dem Hochstift entsprach, sind zwei Protokollbücher aus dem 14. Jahrhundert überliefert.50) Das ältere Landgerichtsbuch enthält 838 verschiedene Einträge für die Zeit von 1317 bis 1334, davon 138 mit jüdischen Betreffen. Das zweite Landgerichtsbuch umfasst 4.007 Einträge für die Jahre 1335 bis 1340, davon 201 mit jüdischer Beteiligung. Jüdische Kläger riefen das Landgericht meist zur Belangung von säumigen Geldschuldnern und deren Bürgen an. Für Klagen von Juden gegen Christen war ausschließlich dieses Gericht zuständig. Christliche Kläger gegen Juden wurden von den Landrichtern meist an jüdische Gerichte verwiesen oder der Klageweg konnte vor beiden Gerichten eingeschlagen werden. Zeugenaussagen und Beweisführung hatten dann vor beiden Instanzen zu erfolgen.51)

Einen detaillierten Einblick in das Zusammenleben von Christen und Juden jenseits des Kreditwesens bieten drei Verträge zwischen den Bewohnern des Würzburger Judenviertels und ihren christlichen Nachbarn zwischen 1328 und 1332. Darin werden nach Vermittlung auch durch Bischof und Stadtgemeinde die Nutzung von Aborten sowie Bau und Instandhaltung eines Abwasserkanals geregelt.52) Am 5. September 1347 einigte sich das Würzburger Dietrichspital mit seinen jüdischen Nachbarn über die Bebauung einer Mauer zwischen ihren Grundstücken und über die Anbringung von Fenstern und Rauchabzügen.53) Die Beteiligung der Juden an städtischen Aufgaben tritt ebenfalls in den Quellen hervor. So einigten sich Bürgermeister, Rat und Gemeinde der Stadt Würzburg mit den dortigen Juden über eine Abgabe von fünf Pfund Hellern, welche die Juden jedes Jahr als Anteil an den Kosten für die Bewachung der Stadttürme zu entrichten hatten.54) Im Jahr 1342/43 findet sich in Würzburg ein jüdischer Marktaufseher, der zusammen mit einem Christen das Marktgeschehen zu beaufsichtigen hatte. Auch der Fisch- und Fleischverkauf der Juden wurde geregelt.55) Auf eine besondere Vertrauensstellung, die Juden bei Christen einnehmen konnten, deutet die Erwähnung jüdischer Zeugen in Urkunden zu innerchristlichen Geschäften hin, so beispielsweise in einer Urkunde Graf Heinrichs von Castell aus dem Jahr 1281.56) Auch in der bischöflichen Verwaltung findet sich ein Jude in herausragender Position: Bei der Stadtrechtsverleihung an Iphofen im Jahr 1293 setzte Bischof Manegold von Würzburg den Juden Michelmann als procurator et dispensator ein, der die Zahlungen der Stadt an Bischof und Domkapitel abwickeln sollte und dazu von Würzburg nach Iphofen zog.57)

Die bisherige Forschung zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg hat sich für die Zeit von 1273 bis 1347 vorwiegend mit den Herrschaftsansprüchen über die Juden seitens des Königs, der Würzburger Bischöfe und der Stadtgemeinden befasst.58) Der Dramatik der Ereignisse geschuldet, standen vor allem auch die Judenpogrome der Rintfleisch-Verfolgung und des rex Armleder im Vordergrund.59) Die in diesem Teilcorpus erstmalig erfolgte Zusammenstellung der Quellen für das Bistum Würzburg bietet die Möglichkeit, ein breiteres Spektrum des jüdisch-christlichen Zusammenlebens im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich zu erfassen.60)

  1. Vgl. Soder von Güldenstubbe, Christliche Mission (1990), S. 105–116. »
  2. Vgl. Scherzer, Hochstift (1992), S. 17–40; Gerlich/Machilek, Staat (1997), S. 553–561. »
  3. Vgl. Körner, Grafen (1992), S. 85–91 und 95–120. »
  4. Vgl. Schenk, Siedlungen (1992), S. 498–506. »
  5. Vgl. Müller, Reichsstadt (1992), S. 177–182; Woltering, Reichsstadt (1965), S. 13–31; Gerlich/Machilek, Staat (1997), S. 640–686. Die Quellen zur Reichsstadt Rothenburg o. d. T. werden im Rahmen des Akademievorhabens in eigenen Teilcorpora bearbeitet. »
  6. Vgl. GJ 1, S. 475; Lauer, Studien (2009), S. 15. »
  7. Vgl. Haverkamp, Geschichte, Karte A 4.3: Judenniederlassungen 1201–1250. Herkunftsbelege jüdischer Personen finden sich außerdem für Wertheim, Randersacker, Rothenfels und Trimberg, vgl. Lauer, Studien (2009), S. 18–23. »
  8. Vgl. Lauer, Studien (2009), S. 23–26; Haverkamp, Geschichte, Karte A 4.4: Judenniederlassungen 1251–1300. »
  9. Vgl. KS01-0025; Arnold, Abweichung (1992), S. 341 f. »
  10. Vgl. Lauer, Studien (2009), S. 33–36, darin auch zur Problematik von Herkunftsnamen und formelhaften Belegen (ebd., S. 34); Haverkamp, Geschichte, Karte A 4.4: Judenniederlassungen 1301–1350. »
  11. Vgl. Lauer, Studien (2009), S. 35 f. und 44–53; Haverkamp, Geschichte (2002), B 4.1: Kultisch-kulturelle Ausstattung bis 1350. »
  12. Vgl. Haverkamp, Geschichte (2002), Karte C 4.4: Verfolgung und Vertreibung; KS01-0073 und Arnold, Abweichung (1992), S. 342–345. »
  13. WB01-0577»
  14. WB01-0635»
  15. WB01-0648; vgl. bereits das Ansiedlungsprivileg Kaiser Ludwigs für Friedrich von Grumbach vom 25. Mai 1331 (WB01-0367) und den Vertrag mit Bischof Otto von Würzburg über die Aufnahme von Juden in Rothenfels und Gemünden (WB01-0640). »
  16. MB 37–46. »
  17. Urkundenregesten zur Geschichte der Stadt Würzburg. »
  18. Urkundenregesten zur Geschichte der kirchlichen Verwaltung des Bistums Würzburg. »
  19. Urkundenregesten zur Geschichte der Städte des Hochstifts Würzburg. »
  20. Urkundenregesten zur Geschichte des Zisterzienserinnenklosters Himmelspforten. »
  21. Die ältesten Jahresrechnungen. »
  22. Urkunden und Regesten zur Geschichte der Augustinerklöster. »
  23. UB Bürgerspital Würzburg. »
  24. Synodicon Herbipolense. »
  25. Würzburger Formularbuch und Tabula formarum. »
  26. Würzburger Urkundenregesten. »
  27. Das älteste Lehenbuch Hochstift Würzburg. »
  28. Würzburger Polizeisätze. »
  29. Würzburger Landgericht. Die Bearbeitung der entsprechenden Datensätze erfolgte im folgenden Teilcorpus durch Bernhard Kreutz und Johannes Deißler. »
  30. Historia Fuldensis. »
  31. Codex diplomaticus Fuldensis. »
  32. Regesten der Zisterzienserabtei Bildhausen. »
  33. Urkundenregesten des Zisterzienserklosters Heilsbronn. »
  34. Codex diplomaticus Ebracensis. »
  35. Hennebergisches UB. »
  36. Hohenlohisches UB. »
  37. Württembergisches UB und Württembergische Regesten, beide auch online verfügbar. »
  38. Monumenta Zollerana. »
  39. Quellen zur Geschichte der Juden im HSTA Marburg. »
  40. Grabsteine vom jüdischen Friedhof in Würzburg. Die Bearbeitung der entsprechenden Datensätze erfolgte im folgenden Teilcorpus durch Sarah Jochum und Maxim Novak. »
  41. Die historiographischen Quellen wurden von Jörg Müller bearbeitet. »
  42. Vgl. Müller, Judengemeinde (2004) S. 76–84. »
  43. WB01-0234»
  44. WB01-0530»
  45. SK01-0006»
  46. WB01-0637»
  47. WB01-0078»
  48. WB01-0272»
  49. WB01-0210; Schäfer, Landgericht (2002), S. 64 f. »
  50. Würzburg, StadtA, Ratsbuch 58, und Würzburg StA, Standbuch 822, Edition in Würzburger Landgericht. »
  51. Schäfer, Landgericht (2002), S. 64 f. »
  52. WB01-0292, WB01-0323 und WB01-0391; vgl. Müller, Judengemeinde (2004), S. 50 und 94; Laqua, Nähe (2012), S. 88. »
  53. WB01-0656; vgl. Müller, Judengemeinde (2004), S. 87, Anm. 12. »
  54. WB01-0247»
  55. WB01-0636, zum Fleischverkauf in Lauda im Jahr 1344 WB01-0644»
  56. WB01-0042»
  57. WB01-0103»
  58. Vgl. Szulwas, Juden (1924), S. 33–47; Flade, Würzburger Juden (1987), S. 15–19; Lauer, Studien (2009), S. 72–94; Müller, Jüdische Gemeinde (2001), S. 523–527; ders., Judengemeinde (2004), S. 63–95. »
  59. Vgl. Arnold, Armledererhebung (1974); ders., Abweichung (1992), S. 338–346; ders., Arnold (2004); Flade, Würzburger Juden (1987), S. 19–36; Hoyer, Armlederbewegung (1965); Lauer, Studien (2009), S. 23–43; ders., Jüdische Familien (2011); Lotter, Hostienfrevelvorwurf (1988); ders., Judenverfolgung (1988); Müller, Jüdische Gemeinde (2001), S. 527–534; ders., Judengemeinde (2004), S. 96–122. »
  60. Zu jüdisch-christlichen Nachbarschaftsbeziehungen zuletzt auch mit Würzburger Beispielen Laqua, Nähe (2012). »
Zitierhinweis

Kreutz, Bernhard, Quellen zur Geschichte der Juden im Bistum Würzburg (1273–1347), in: Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2015,
URL: http://www.medieval-ashkenaz.org/WB01/einleitung.html (Datum des Zugriffs)