Quellen zur Geschichte der Juden im Erzbistum Mainz (1348-1390)

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Ebm. Mainz 2, Nr. 17

1349 August 24

In seiner bis 1501 reichenden, rein kompilatorischen Weltchronik bezog sich Johannes Nauclerus bei der Darstellung der Pestpogrome auf die Fortsetzung der Flores temporum durch den Minoriten Hermann von Genua (1) und die Chronica Mathiae de Nuwenburg (2). Letztere erwähnt die Selbstverbrennung der Juden u. a. in Speyer und Worms, aber auch in Mainz, als die Juden erkannten, dass sie den Verfolgern nicht entfliehen konnten. Nauclerus verallgemeinert diese Angabe und ergänzt sie um weitere Informationen bezüglich der Ausbreitung des Feuers: In vielen Orten sind die Juden verbrannt worden; und dort, wo sie keine Möglichkeit mehr zur Flucht sahen, schlossen sie sich in den Häusern ein und verbrannten sich selbst, wobei auch die Nachbarschaft durch das Feuer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Man sagt auch, dass das Feuer in Mainz so groß gewesen sei, dass die große Glocke der Stadt in der Kirche St. Quintin und prachtvolle Fenster vom Feuer geschmolzen seien: Cremati sunt in multis locis iudaei et cum evadere se non posse viderent, incluserunt se in domibus, et seipsos cremaverunt una cum locis vicinis. Dicitur etiam tantus fuisse ignis Moguntiae, quod magna campana civitatis in ecclesia sancti Quintini et preciosae fenestrae ex igne defluxerint. (3)

(1) Vgl. ###FR-c1-0002###.

(2) Vgl. ###EL-c1-00vb###.

(3) Die Textstelle dürfte höchstwahrscheinlich der verlorenen, wohl im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts entstandenen Chronik Jakobs von Mainz entstammen, die Nauclerus an mehreren Stellen zur Darstellung Mainzer Betreffe explizit heranzog und die offenbar auch von Matthias von Neuenburg benutzt wurde, sofern man nicht von einer gemeinsamen Vorlage ausgeht; vgl. Wichert, Jacob (1881), bes. S. 111 f.

Überlieferung:

Gedruckte Publikation, lat., Papier.

  • Memorabilium omnis aetatis et omnium gentium chronici commentarii, fol. 254r/v.
  • Graus, Pest (1994), S. 202;
  • Salfeld, Synagogen (1908), S. 3;
  • Schaab, Diplomatische Geschichte (1855), S. 87 und 93.

Kommentar:

Der aus einer Ministerialenfamilie stammende Johannes Nauclerus (Vergenhans) war Lehrer Graf Eberhards im Bart von Württemberg (1459-1495) und blieb diesem zeitlebens verbunden. Er unternahm zahlreiche Gesandtschaftsreisen in dessen Auftrag und war, nachdem er zwischenzeitlich als Doctor decretorum an der Universität Basel gelehrt hatte, maßgeblich an der Gründung der Universität Tübingen im Jahre 1477 beteiligt, wo er unter anderem von 1482 bis etwa 1509 als Kanzler tätig war. Er starb 1510. Zwischen 1498 und 1504 verfasste Nauclerus seine bis 1501 reichende Weltgeschichte, die, von Nikolaus Baselius bis 1515 fortgeführt, 1516 im Druck erschien; vgl. Joachim, Johannes (1874), S. 1-24; Lehr, [Art.] Nauclerus (2013). Zu den zahlreichen von Nauclerus für seine Kompilation herangezogenen Autoren gehört auch Jacob von Mainz, dessen verlorene Chronik Nauclerus zur Darstellung der Mainzer Verhältnisse häufiger nutzte; vgl. Wichert, Jacob (1881). Nauclerus' Darstellung nahmen - neben weiteren frühneuzeitlichen christlichen Chronisten der Region - auch Josef haKohen (1496-1577) in seinem 1558 begonnenen und 1575 vollendeten Werk Emek haBacha (Joseph ha Cohen. Emek habacha, S. 45) sowie Christian Wurstisen in seiner 1580 publizierten Basler Chronik (Baßler Chronik des Christian Wurstisen, S. 170) auf.

(jmü.) / Letzte Bearbeitung: 17.08.2018

Zitierhinweis

Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Trier, Mainz 2016, MZ02, Nr. 17, URL: https://www.medieval-ashkenaz.org/MZ02/MZ-c1-00d7.html (Datum des Zugriffs)

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